Kein Singen ? Das war grässlich ! Interview : Die Kantorei Nagold kämpft sich aus gesangslosen Coronazeiten zurück in die Normalität. Kantorin Eva-Magdalena Ammer spricht über ihre Leidenschaft zur Musik, über den Neustart des Chors und das Singen an sich. NAGOLD. Beinahe von heute auf morgen hat die Corona-Pandemie das gewohnte
Leben auf den Kopf gestellt. In den Lockdowns durfte vieles nicht mehr
unternommen werden. Besonders hart traf es Sänger. Denn gerade das
gemeinsame Singen war lange Zeit "verboten". Für die rund
65 Sänger und Sängerinnen der Kantorei Nagold ein Horrorszenario. Während Corona durfte niemand mehr so richtig singen - wie war das für die Kantorei Nagold? Na ja, das kann ich nur für mich selbst beantworten: grässlich! Erst war gar nichts erlaubt, dann durften nur Geimpfte kommen, die Leute mussten sich anmelden, die Hände desinfizieren, die Noten von einem Stapel nehmen, mit Masken zu ihren festgelegten Plätzen laufen und in der Kirche mit zwei Metern Abstand voneinander singen! Das war das krasse Gegenteil von dem, was Chor sonst ausmacht! Wie hat sich die Kantorei wieder in den Alltag zurückgefunden? Sobald wieder etwas erlaubt war, haben wir neu geplant, in kleinen Formationen sowieso immer gesungen, ein Stamm von Sängern und Sängerinnen war immer da. Karfreitag 2022 konnten wir zum erstmal wieder als Chor auftreten, danach gab es die Sommerkonzerte und sogar eine Konzertreise nach Friedrichroda , Berlin und Naumburg. Und jetzt proben wir seit November wieder fast normal im Zellerstift. Gibt es neue Angebote der Kantorei? Wir sind flexibler geworden - ein Teil des Chores singt sonntäglich als Liturgie-Ensemble im Gottesdienst, auch mal als reiner Frauenchor oder als Projektchor, zu dem dann noch Interessierte von außen dazu kommen oder auch Jugendliche, die aus dem Kinderchor rausgewachsen sind. Was macht die Kantorei so außergewöhnlich? Der Chor ist sehr offen und auch experimentierfreudig. Das muss er schon allein deswegen sein, weil er zwei Chorleiter hat, die sich projektweise abwechseln. Da muss man sich immer wieder neu drauf einstellen. Und so ist es mit der Literatur auch: Wir erarbeiten Altbewährtes ebenso wie neue Musik. Warum ist Singen wichtig? Warum tut Singen so gut? Singen ist eine Lebensäußerung, im Grunde genommen unsere allererste! Singen ist eine Sportart, die dem Körper guttut. Singen im Chor stiftet Gemeinschaft, gemeinsames Singen bedeutet, sich aufeinander einzulassen, der Gemeinschaft den Vorrang vor dem Individuum zu geben, aufeinander zu hören und miteinander zu agieren. Es heißt ja "Jeder kann Singen" - Stimmen Sie dem zu? Und warum? Ja - Singen kann erstmal wirklich jede und jeder. Ob es uns dann gefällt, und ob es beim gemeinsamen Singen zusammen passt, das ist dann eine andere Frage! Vieles ist erlernbar - je früher desto besser! Das Gespräch führte Salome Menzler Aus dem Schwarzwälder Boten vom 1.3.2023
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