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aus dem Schwarzwälder Boten vom 28.11.2006

Ein Abend des musikalisch Weiblichen

Nagolder Kantorei führt Mozarts "Große Messe" in c-moll in der Stadtkirche auf / Klavierkonzerte mit Melber


Nagold. Mozart liebte die Musik und Mozart liebte seine Frau Constanze. Dass diese beiden Dinge ausgerechnet in seinem - nach dem ebenfalls unvollendet gebliebenen "Requiem" - wohl größten geistlichen Werk eine leidenschaftliche und intensive Liaison eingehen, mag auf den ersten Blick ja überraschen, aber eben nur auf den ersten Blick. Hat Mozart das Werk doch aus Anlass seiner Hochzeit mit seiner geliebten Constanze geschrieben.
Irgendwie bestimmte das Weibliche , das Sanfte diesen Abend in der Nagolder Stadtkirche. Die Kantorei unter der Leitung von Bezirkskantor Stefan Skobowsky führte am Sonntag als Tribut an das langsam zu Ende gehende Mozart-Jahr eben jene "Große Messe" in c-moll auf, und schon die ersten Minuten machten es deutlich : Skobowsky und sein Chor gingen mit viel Liebe und Zuneigung zu Musik und Komponist zu Werke. Harte Ecken und Kanten - andernorts oft auch um des Effektes Willen eingebaut - suchte man vergebens. Was da zu hören war, das war ein Mozart voller Wärme und Zuneigung, ein Mozart, der so mit all seiner Pracht, Fröhlichkeit und Kraft den Kirchenraum füllte.
Dass die Weiblichkeit an diesem Abend eine tragende Rolle spielte, war nicht nur der weichen und warmherzigen Interpretation oder der Kantorei geschuldet, in deren Reihen die Frauen sich immer deutlicher in der Überzahl befinden. Auch die Solisten passten sich in diesen Gesamteindruck ein. Nicht ganz unschuldig daran ist der Komponist des Werks höchstselbst. Denn Mozart schrieb den alle anderen dominierenden Part des ersten Soprans seiner frisch angetrauten Frau Constanze auf den Leib und stattete ihn mit ebenso wunderbaren wie glanzvollen Passagen aus.
Für diese Partie hatte der künstlerische Leiter Stefan Skobowsky eine in Nagold sehr bekannte Stimme gewonnen. Und Jeanette Bühler entpuppte sich als Idealbesetzung, konnte man sich doch des Eindrucks nicht erwehren, dass sie für diesen Part geradezu geboren ist. In den ihr vorbehaltenen Soloarien von eindrücklicher Intensität und Energie - vor allem im eindrucksvollen "Et incarnatus est" - und im Duett, Terzett und Quartett mit den anderen Solisten von einer Strahlkraft, wie sie sich Mozart eben für seine Constanze vorgestellt haben dürfte.
Die übrigen Solisten haben in dieser Komposition ihren Namen eigentlich nicht verdient, kommen sie doch nur gemeinsam mit dem ersten Sopran zum Zuge. Dabei zeigte Heike Beckmann - wie Jeanette Bühler aus der Schule der Monika Moldenhauer - als zweiter Sopran, wie gut ihr nuancenreicher, zarter und doch starker Sopran mit dem der Jeanette Bühler harmonierte.
Nur kurz kommen die beiden Männerstimmen zum Zuge - und da auch nur in einem Terzett und einem Quartett mit den beiden Sopranen. Parts, die wenig Gelegenheit zu Glanz hergeben, die aber von Daniel Schreiber mit seinem soliden, erdigen Tenor und Felix Schuler-Meybier mit seinem feingliedrigen Bass gut ausgefüllt wurden.
Einen ganz anderen Mozart gab es - eingebettet in die Aufführung der Messe - vom Nagolder Pianisten Klaus Melber und dem Orchester des Abends, der in kleiner Besetzung solide musizierenden "Camerata viva" aus Tübingen zu hören. Drei langsame Sätze aus Klavierkonzerten hatte Melber ausgesucht, um das Konzert zum Mozart-Jahr abzurunden.
Neben dem Andantino aus dem Konzert Es-Dur KV 271, der weltberühmten Romanze aus dem d-moll-Konzert KV 466, war das poetische Andante aus dem C-Dur-Konzert KV 467 zu hören. Besonders bei letzterem Stück offenbarte Melber seine Qualitäten. Mit seinem perlenden Spiel näherte er sich den Stücken mit großer Ernsthaftigkeit und Hingabe.

Sebastian Bernklau

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