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aus dem Schwarzwälder Boten vom 18.11.2008
Fest
des neuen Lebens und der Musik
Nagolder Kantorei feiert eine gelungene Aufführung
von Joseph Haydns großem Oratorium "Die Schöpfung"
Nagold. Die Anspannung und Konzentration sind enorm. Alle Blicke
und Ohren richten sich auf sie. Und doch huscht immer wieder ein Lächeln
über ihre Gesichter. Zu groß ist einfach die Freude an der
Musik. Doch Markus Flaig, Andreas Kramer und Jeannette Bühler sind
nicht die einzigen, die an diesem Abend in Feierlaune sind. Mit zur Festgesellschaft
gehören auch die Nagolder Kantorei, das Karlsruher Barockorchester
und Stefan Skobowsky als Leiter. Gemeinsam feiern sie mit Joseph Haydns
unsterblicher "Schöpfung" in der bis auf den letzten Platz
besetzten Nagolder Stadtkirche ein strahlendes, überschwängliches
Fest des neuen Lebens, ein Fest der Musik.
Der "Paulus" im vergangenen Jahr und Mozarts c-Moll-Messe 2006
- Nagolds Kantorei und ihr Leiter Stefan Skobowsky haben Gefallen an der
Klassik und der Frühromantik gefunden. Dass man da irgendwann nicht
mehr an Haydns grandiosem Oratorium "Die Schöpfung" vorbeikommen
würde und vielleicht auch wollte, liegt auf der Hand. Und verwundert
aus Sicht des Chores auch nicht. Hält doch das Hauptwerk des "Vaters
der Klassik" so viele grandiose Chöre mit so viel positiver
Energie bereit, dass sich selbst der unbedarfte Zuhörer gut vorstellen
kann, dass das Singen dieser Ode an die Erde, den Menschen und ihren Schöpfer,
richtig Freude machen muss.
Diese Freude an der haydnschen Musik ist an diesem Abend in der Stadtkirche
in jedem Takt zu spüren. Wieder einmal hat Stefan Skobowsky seine
mehr als 90 Sänger auf den Punkt vorbereitet. Warm und wohlig im
Grundton kommt der Chor daher und doch mit der für dieses Werk so
unabdingbaren Lebens-, Glaubens- und Sangesfreude - nicht nur aber besonders
in den großen, monumentalen, von Georg Friedrich Händel inspirierten
Schlusschören des in drei Teile unterteilten Oratoriums.
Bei der Wahl der Solisten hat sich Skobowsky auf in Nagold bestens bekannte
Gesichter und Stimmen verlassen. Eine zwar konservative Wahl, aber eine,
die sich an diesem Abend als echter Glücksfall erweist. Jeannette
Bühler kann in den Partien als Gabriel (Teil 1 und 2) und als Eva
(Teil 3) die ganze enorme Spannbreite ihres ebenso strahlend-dynamischen
wie sensiblen Soprans zur Geltung bringen. Markus Flaig kultiviert in
den ersten beiden Teilen seinen schlanken und beinahe grazilen Oratorien-Bass.
Im dritten Teil kann er als Adam zeigen, dass er auch die opulente Spielart
seiner Stimmlage aufs Trefflichste beherrscht. "In vollem Glanze
steiget jetzt die Sonne strahlend auf", singt Andreas Kramer als
Uriel im ersten Teil des Oratoriums. Dieser von ihm gesungene Satz sagt
eigentlich schon alles zu den stimmlichen Fähigkeiten des Tenors
und seiner Darbietung am Sonntagabend. Da muss man es bedauern, dass Haydn
dem Tenor im letzten Teil seines Werks nur noch recht wenig Raum gibt.
Die besondere Qualität der Sänger zeigt sich nicht nur in den
Solopartien, sondern auch in den Duetten und Trios, bei denen sich Bühler,
Kramer und Flaig sehr gut aufeinander abgestimmt präsentieren, so
etwa Flaig und Bühler als Adam und Eva im großen Duett am Ende
des Werks.
Mit dem Karlsruher Barockorchester, zuletzt 2005 bei Bachs "h-Moll-Messe"
zu Gast in Nagold, hat sich der musikalische Leiter Stefan Skobowsky die
Dienste eines gediegenen Klangkörpers gesichert. Auf ihren historischen
Instrumenten erwecken die Musiker die großen Klangwelten Haydns
mit großer Souveränität zum musikalischen Leben, ohne
der Versuchung nachzugeben, sich damit in den Vordergrund der Aufführung
zu spielen.
Alle diese Einzelteile hat Stefan Skobowsky zu einem strahlenden wie stilsicheren
Ganzen zusammengefügt und damit wieder einmal eindrucksvoll unter
Beweis gestellt, dass er sich auf dem klassisch-romantischen Terrain mindestens
genauso wohlfühlt wie auf seinem angestammten Gebiet mit Bach und
Buxtehude. Davon zeugt übrigens auch die Wahl des nächsten Großprojekts,
dem "Elias" von Felix Mendelssohn-Bartholdy.
Sebastian Bernklau
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