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aus dem Gäubote vom 18.07.2011
Wonnen
der Hirten und Donnergrollen
Sulz
am Eck: Biblische Geschichten in Musik gefasst als Konzert in der Michaelskirche
Wegen der Renovierungsbedürftigkeit der Orgel in der Michaelskirehe
hatte sich die Sulzer Kirchengemeinde an die Kirchenmusikdirektoren in
Nagold gewandt. Im Laufe der Gespräche entstand die Idee, mit der
Kantorei ein Sommerkonzert in der Sulzer Kirche zu geben, die ansonsten
nicht von Kirchenkonzerten verwöhnt ist.
Eva-Magdalena und Peter Ammer, die vor knapp zwei Jahren als KMDs von
Weikersheim nach Nagold gekommen sind, erarbeiteten mit der Kantorei ein
Programm, das sie am Wochenende in Sulz und Nagold vorstellten und mit
dem sie in Kürze eine kleine Konzertreise in den Südschwarzwald
und die Bodensee-Region unternehmen werden. Sie nahmen ihre ehemalige
Praktikantin aus Weikersheimer Zeiten, Rahel Findeisen, mit ins Boot,
die die Orgel bediente.
Sie spielte zwei Werke für Orgel, eines von Johannes Brahms, das
andere von Justin Heinrich Knecht, einem Oberschwaben aus Biberach, einem
Zeitgenossen Mozarts. Knecht habe die Gewitter in Schwaben gut gekannt,
erzählte Eva-Magdalena Ammer mit einem Augenzwinkern, und ein Stück
geschrieben, das die Stimmung beschreibe. "Die durch ein Gewitter
unterbrochene Hirtenwonne" ist sein Titel. Wer nun pastorale Klänge
erwartete, wurde enttäuscht: Die Wonnen der Hirten waren offensichtlich
mehr von volkstümlichem Tanz und von Walzern mit lustigen Melodien
und hohen Trillern geprägt. Das Donnergrollen bestand aus Clustern
in den unteren Oktaven und hörte sich dem Original sehr verwandt
an. Vermutlich wirkt das trotz Kürzungen relativ langatmige Stück
auf einer großen, nicht renovierungsbedürftigen Orgel viel
eindringlicher; das Sulzer Instrument ist von seiner Disposition nicht
auf solche Effekte ausgerichtet. Dennoch vermittelte Findeisen einen lohnenswerten
Einblick in das Werk.
Vom Chor waren Werke vom Frühbarock bis in die heutige Zeit zu hören,
wobei die ausgewählten Psalm- und Bibeltexte inhaltlich der Zeit
nach Trinitatis zuzuordnen sind. Den Rahmen bildeten vier- und fünfstimmige
Motetten von Heinrich Schütz. Unter Leitung von Eva-Magdalena Ammer
sang die Kantorei mit vollem Klang, aber dennoch durchsichtig. Die rund
90 Sänger folgten ihrer Dirigentin, die beschwingt-exakt führte
und präzise Einsätze gab. Das a cappella gesungene "Verleih
uns Frieden gnädiglich" erklang dabei genauso tonsicher wie
"Die Himmel erzählen die Ehre Gottes", das von Rahel Findeisen
auf dem Orgelpositiv und Peter Ammer auf dem Kontrabass begleitet wurde.
Heinrich Schütz hätte sicherlich seine Freude an der Kantorei
gehabt.
Gleiches gilt auch für die moderneren Werke wie "Jesus und Nikodemus"
von Ernst Pepping, einem wichtigen Komponisten evangelischer Kirchenmusik
des 20. Jahrhunderts. Peter Ammer dirigierte den a cappella gesungenen
Dialog zwischen dem Pharisäer und Jesus. Die Modernität dieses
Werkes drängt sich dem Hörer nicht sofort auf, sondern offenbart
sich über Elemente wie synkopische Rhythmen. Ammer leitete die Sänger
mit ausladenden Bewegungen und deutlichem Schlag im ganzen Körper.
Die Zuhörer in der gut zur Hälfte gefüllten Michaelskirche
erlebten ein hervorragendes Konzert mit harmonischem Programm, was sie
mit viel Applaus bedachten.
Swantje Gerking
aus dem Schwarzwälder Boten vom 20.07.2011
Geschichte
schlägt wie ein Gewitter ein
Kantorei
stellt Reise-Programm bei zwei Konzerten in Nagold und Sulz vor
Nagold/Sulz. Ein musikalisches Gewitter suchte die Sulzer Kirche und einen
Tag später auch die Nagolder Stadtkirche auf: »Die durch ein
Donnerwetter unterbrochene Hirtenwonne«, eine Komposition von Justin
Heinrich Knecht, war das Herzstück des Konzertes und sorgte beim
Publikum für gemischte Gefühle. Die musikalische Schilderung
eines Gewitters, kraftvoll und teils befremdlich im Klang, durchzogen
von melodischen und harmonischen Passagen, ist ein fast 20-minütiges
Orgelsolo, anspruchsvoll für den Orgelspieler, aber auch für
die Zuhörer. Während Eva-Magdalena Ammer kurz die Stimmung des
Stückes erklärte, regte sich bei so manchem Zuhörer Begeisterung
im Gesicht, während andere lediglich zu ermüden schienen.
Jedoch konnte der klassische Teil des Kirchenkonzertes allesamt überzeugen.
Der rund 80-köpfige Chor, unterstützt von Rahel Findeisen (Orgel)
und Peter Ammer (Kontrabass), brachte eine beeindruckende Stimmgewalt
auf. Kompositionen wie »Ich danke dem Herrn« von Heinrich
Schütz, Siegfried Strohbachs »Jesus, der Retter im Seesturm«
und »Vaterunser«, komponiert von Rudolf Mauersberger, zeichneten
einen Weg durch die Geschichte Jesus. Durchzogen von kleineren Orgelsoli
wie »O Gott, du frommer Gott« von Johannes Brahms war das
Konzert im ganzen ein voller Erfolg. Wie jedes Jahr bricht die Kantorei
wenige Tage nach ihrem Konzert zu einer Kantoreifahrt auf. Dieses Jahr
machen sich die Musiker auf den Weg nach Tiengen und Baitenhausen, um
ihre Musik aufzuführen. Die viertägige Reise endet mit einem
Gottesdienst in Friedrichshafen.
Jaqueline Geisel
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