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aus dem Schwarzwälder Boten vom 22.11.2016

Konzert hinterlässt tiefe Spuren

Von Maria Kosowska-Németh
Nagold. Am frühen Abend des Totensonntags erklang in der Nagolder Stadtkirche "Musik zu Tod und Ewigkeit". Im musikalischen Mittelpunkt des Konzerts standen die "Exequien" von Heinrich Schütz. Das Werk für Solostimmen, Chor und Basso continuo entstand 1635 auf Bestellung des Fürsten Heinrich Posthumus Reuß für dessen Bestattung. Durch ihre Dreiteiligkeit befolgen die "Exequien" die katholischen Begräbniskanonen. Mit stilistisch und thematisch verwandten Ausschnitten aus "Kleine geistliche Konzerte" und "Geistliche Chormusik" ebenfalls von Schütz wurde die bewegende Musikstunde ergänzt.

Seit dem Mittelalter wies das essentiellste Symbol der Vergänglichkeit "Memento mori" alle Christen auf die eigene Sterblichkeit hin, prägte ihr Bewusstsein. Deshalb plante der Fürst beizeiten eine eigene Begräbniszeremonie und in irdischer Voraussicht ließ er auch einen kupfernen Sarkophag bereithalten. Auf dem letzten Weg sollten die Gottpreisungen der gesungenen Bibelverse und Choralstrophen seinen Glauben bezeugen.

Meditation von Pfarrer Reinhard Hauber

Heute wird der Tod selten beim Namen erwähnt und, wie Pfarrer Reinhard Hauber in seinen Meditationen ermahnte, verdrängten Menschen die Todesproblematik aus ihrem Leben. Auch der Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit dem Endgültigen verschiebe sich: Anstelle der Gewissheit und Zuversicht treten immer häufiger Zweifel und Klage auf.

Auf diesem Gedankenhintergrund wirkte die konzertante Aufführung der Trauermusik noch authentischer, noch intensiver. Jeder Ton drückte den Schmerz des Abschieds aus, ohne jedoch ins Tragische, ins Hoffnungslose abzugleiten. In der Atmosphäre künstlerischer Glaubwürdigkeit, eingebettet in Klangharmonie des Basso continuo schimmerten die Solistenstimmen durchsichtig, delikat und doch so klar, dass der Liebreiz der melodischen Linien und prachtvollen Ornamentik in jedem Detail, auch im Ensemblegesang wahrnehmbar blieb.

Die Kunst des Chorgesangs offenbarte sich am deutlichsten in dem a capella gesungenen "So fahr ich hin zu Jesu Christ", dem Hymnus "Selig sind die Toten" und der doppelchörigen Motette "Herr, wenn ich nur dich habe". Durch farbliche und dynamische Modellierung, exakte Einsätze und fülligen Klang erreichten die Sänger eine suggestive und bildhafte Ausdruckstärke.

Biblische Zitate als geistiges Testament

Bei genauer Betrachtung der biblischen Zitate aus den "Exequien" könnte man das Schützsche Werk als ein geistiges Testament des verblichenen Fürsten und vielleicht auch unser eigenes verstehen. Der Adlige verlässt das Diesseits demütig und ohne Angst in Hoffnung auf ewiges Leben, klagt wenig, wirkt eher erleichtert, dass er "in diesem Jammertal" nicht länger verweilen muss. Gleichzeitig spendet er mit Worten wie "So schlaf ich ein und ruhe fein" Trost an die Hinterblieben, um den Schmerz des Abschieds zu lindern.

Im Inneren aller, auch weniger religiöser Anwesenden dürfte dieses Konzert tiefe Spuren hinterlassen haben. Weder der letzte Akkord noch die nachfolgende völlige Stille markierten das Ende der bewegenden Emotionen. Die Besucher nahmen die Klänge und Inhalte des Gehörten mit auf ihren Weg – so wie im Begleitheft empfohlen.

Mitgewirkt haben: Kantorei Nagold, Gesangssolisten Cornelia Fahrion, Susan Eitrich, Eva-Magdalena Ammer, Hitoshi Tamada, Christian Fischer und Torsten Müller, Adina Scheyhing (Gambe), Johannes Freyer (Kontrabass), Bernhard Reich (Truhenorgel), Gesamtleitung Peter Ammer.

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