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Karfreitag, 7. April 2023, 15 Uhr, Stadtkirche Nagold
Stabat Mater - Musik zur Todesstunde Jesu

 

Bericht aus dem Schwarzwälder Bote vom 11. April 2023
Ein Werk von atemberaubender Ausdruckskraft

Von Maria Kosowska-Németh
NAGOLD. Sehr viele Menschen versammelten sich an diesem Nachmittag in der diesmal tristen und schmucklosen Nagolder Stadtkirche. Still und nachdenklich versanken die Besucher in Klangwelten des gesungenen Wortes und instrumentalen Spiels und bewunderten die Schönheit, dramatische Spannung und majestätische Erhabenheit der "Musik zur Todesstunde Jesu".

Neben den bewegenden Fragmenten aus dem Passionsoratorium von Felix Woyrsch und aus dem Oratorium "Christus" von Felix Mendelssohn-Bartholdy führten drei Gesangssolisten und die Kantorei Nagold zusammen mit dem symphonisch besetzten Kantatenorchester Nagold auch das 1816 komponierte "Stabat Mater" von Franz Schubert (1797-1828) auf.

Der gläubige aber kritische Katholik Schubert

Einige Tage vor der Aufführung erläuterten die katholische Musikwissenschaftlerin und Organistin Dr. Waltraud Götz und der evangelische Bezirkskantor Peter Ammer den im Zellerstift versammelten Interessierten mehrere Einzelheiten zum Schubertschen "Stabat Mater".

Da die lateinische Sequenz "Stabat Mater dolorosa" (Es stand die Mutter schmerzerfüllt) zu der katholischen Liturgie zählt, bediente sich der gläubige, aber kritische Katholik Schubert des Textes des evangelischen Theologen Friedrich Gottlieb Klopstock und schuf ein Werk von atemberaubender Ausdruckskraft. In dieser deutschsprachigen Auffassung steht die Gottesmutter nicht als göttliche Mittlerin, sondern als eine der am Golgatha trauernden Randfiguren. Im Fokus des Geschehens bleibt - wie der Untertitel "Jesus Christus schwebt am Kreuze" zeigt - das Martyrium und der Tod des Erlösers und "Vollenders" (Klopstock).

"Wir haben einen Anteil an Marias Schmerz", sagte der Liturg der geistlichen Stunde, Codekan Tobias Geiger und bezeichnete das Werk als einen über 200 Jahre alten "ökumenischen Berührungspunkt". Zudem umfasst und vereint die im Programmheft abgebildete mittelalterliche Pieta-Skulptur in der Laurentiuskirche zu Berneck alle Leidenden, die "mit dem Tod des Anderen" weiter leben müssen.

Künstlerisches Niveau und menschliche Sensibilität

Das Konzert begann mit dem altkirchlichen "O Lamm Gottes, unschuldig", in dem sich der Chor bereits in der a Capella-Strophe als eine stimmenstarke und homogene Gesangsformation zeigte. Drei Monate lang feilten die Laiensänger an ihrem ambitionierten Programm, nun spannte der Chorleiter Peter Ammer die gesamte stimmliche wie emotionale Flexibilität und das Engagement jedes Einzelnen in die eigene, beinahe visionäre Interpretation ein. Mit vollem Erfolg, denn in allen Werken bestach die Kantorei durch bildhafte und lebendige Gesangsqualität sowie stark ausgeprägte Dramatik.

Jeanette Bühler (Sopran), Rüdiger Linn (Tenor) und Torsten Müller (Bass) legten nicht nur ihre Gesangskunst in die Solo-Arien, Duette und Terzette ein. Die Musik klang wie ein vom Herzen fließender Strom aus Schmerz, Verzweiflung, Glaube und Hoffnung, wobei die farblich und emotional harmonisierenden Stimmen von einem hohen künstlerischem Niveau und menschlicher Sensibilität zeugten.